Gottesdienst 10.12.2017

Hier finden Sie Bilder, Videos und Texte von unserem Gottesdienst in der
Evangelische Kirche Neckarsulm.

Deine Spuren finden

Unsere verstorbenen Kinder haben Spuren hinterlassen. In Verzweiflung und Schmerz sind wir auf der Suche nach euren Spuren.
Beim Aufräumen und Öffnen der Schubladen finde ich kleine Figuren oder ein Schulheft mit deiner Schrift, Bilder, ein lieblings T-Shirt, Dinge, die uns jetzt so wertvoll geworden sind.
Überall hast du deine Spuren hinterlassen. Es sind so viele Gedanken an euch. An deine Musik, unsere Urlaube, dein Lachen, dein Zorn, wenn mal wieder was nicht nachdeinem Kopf ging, deine Ziele.
Wir vermissen das alles.
Dann finden wir Spuren bei Enkeln, bei Geschwistern, ihren Händen, die Nase, manche Bewegungen, Angewohnheiten die du hattest und sich jetzt erneut zeigen.
Deine Spuren!
Das Leben aber geht weiter, einfach so!
Für manche ist der Schmerz um dich gerade sehr schmerzhaft, für manche lässt er sich schon leichter ertragen.
Die einen können Wege gehen, die sie gemieden haben, wieder lachen, sich an Blumen erfreuen, mit Freunden reden, die du gekannt hast. Es sind so viele Dinge die wieder gelingen. Andere stehen erst am Anfang dieses Weges.
Du hättest bestimmt nicht gewollt, dass wir nur traurig sind.
Du bist immer bei mir. Jede Stunde, jeder Tag, jeder Augenblick – du wohnst in meinem Herzen!
Deine Spuren finden: Wir Eltern der Selbsthilfegruppe sind in verschiedene Richtungen gegangen. Wir haben unseren Weg durch deinen Tod gefunden. Zum Beispiel meine Spur. War das deine Aufgabe für mich, dass ich Menschen ein Stück auf ihrem Weg begleiten darf? Weil ich ihren Schmerz selber durchlebt habe und diese Eltern verstehen kann? Oder dieser Gottesdienst, der für so viele Menschen wertvoll geworden ist?
So viele Menschen durfte ich kennenlernen. Wertvolle Menschen – euch!
Und wenn die Traurigkeit kommt, nehme ich diese kleine Schachtel, öffne sie. Dann bist du da und alle meine Gedanken und Erinnerungen an dich – wie wäre es geworden, wärst du noch da?
Mein Trost ist dann, irgendwo bist du und begleitest mich!
Jeder von uns hat so eine kleine Schachtel voller Erinnerungen und Spuren, die wir jederzeit und immer wieder öffnen können, die uns schmerzen aber auch lächeln lassen mit dem Gedanken an dich!
Ich wünsche uns Allen ganz viele liebe Gedanken auf der Suche nach Deinen Spuren!

-Rosemarie Vogt, 10.12.2017, Evangelische Kirche Neckarsulm

Deine Spuren finden…

Wo finden wir Sie inmitten unserer Tage?
Die meisten, in der Erinnerung, die uns Hält.

Dein Humor hat MICH erheitert.
Diese Spuren hast Du gelegt in Freudenstunden,
aber auch in meiner aller größten Not.

Deine Liebe hat MICH erfüllt
Diese ist so kostbar und verletzlich, – Spuren der Liebe -,
wir brauchen Sie wie unser tägliches Brot.

Deine Herzlichkeit habe ich empfangen
Diese Spuren sind gut zu sehen,
in meiner Seele, sie wird niemals gehen.

Deine Hände habe ICH gehalten,
Ich kann Sie noch sooo lebendig spüren
das Gefühl bleibt bis wir uns wiedersehen.

Deine Ehrlichkeit hat Mich wachgerüttelt
das hat mich zum Nachdenken bewegt,
dafür bin ich dir heute noch sehr Dankbar

Deine Worte haben MICH bestärkt
Ich kann Deine Stimme immer noch in mir hören,
dieses Geschenk, das mich am Leben hält.

Deine Blicke haben MICH verstanden
Auf einem Foto sehe ich in Deine Augen,
spür deine Umarmung, so tief und fest, immer noch in mir

Das Geschenk ein Teil von Dir zu sein
Diese größte Spur von Dir finde ich mitten in meinem Herzen
und es fühlt sich an, wie das größte Glück der Welt

So hast Du Deine Spuren in meinem Herzen hinterlassen,
Sie sind nicht zu löschen, nicht einmal mit Tränen
und auch nicht mit viel vergangener Zeit.

-Birgit Konrad, 10.12.2017, Evangelische Kirche Neckarsulm

Deine Spuren finden

Du, mein Kleines, wir haben dich erwartet aber du konntest nicht zur Welt kommen. Du, mein Kindchen, warst nur kurze Zeit unter uns. Was wäre aus dir wohl geworden? Wohin hätten dich deine Füßchen später getragen?
Du mein liebes, großes, Kind – nochmals und immer wieder die Wege gehen von dir, um beieinander zu sein, um sich an den Orten, wo Du dich aufgehalten hast, an dich zu erinnern, an die Gespräche, die Augenblicke, die Stimmungen, die jetzt nicht sind, die nicht mehr sein werden, aber mal da waren und hoffentlich für immer in Erinnerung lebendig bleiben. Wo du mal warst und wo ich jetzt hingehe, da bist du mir näher. Wenn du vom Himmel mal wieder zur Erde kommst, dorthin wo du einst gewesen bist, können wir uns da treffen und Gedanken austauschen?

Deine Spuren finden. Ich weiß nicht, wo du überall hingegangen bist, Aber wenn ich andere frage, dann erzählen sie mir, was sie mit dir unterwegs erlebt haben, worüber ihr euch unterhalten habt, wie du dich gegeben hast, wenn ich nicht dabei war. Was hast du ihnen mitgeteilt, was ihnen anvertraut, was ihnen von deinen Hoffnungen erzählt?
Wenn ich andere frage, dann entdecke ich in mir von dir unbekannte Spuren; ich lerne dich ein wenig mehr kennen, spüre, dass du auch bei anderen Menschen Spuren und bleibende Eindrücke hinterlassen hast. Ich will und muss fragen und suchen, deine Spuren finden. So kann ich vielleicht deine Lebens-Geschichte schreiben.

Als sie vor 2000 Jahren den Gottessohn genommen und getötet haben, sind die Trauernden auf Spurensuche gegangen und haben Geschichten, Taten und Worte von ihm gesammelt und zusammengetragen und weitererzählt, um ihn nicht zu vergessen, um ihn und seine Botschaft lebendig zu halten, um ihm so Ehre zu erwiesen, um dem schrecklichen Tod doch einen Sinn zu geben. „Nein. Er ist uns nicht genommen worden, bei uns ist er immer noch lebendig“.

Deine Spuren, mein Kind, finden, nachdem Du gestorben und in den Himmel aufgestiegen und so manches Mal auch wieder herabgekommen und zurückgekehrt bist, in meinen Schlaf, in wundersame Erlebnisse hinein, wenn ich dich ganz nahe bei mir gespürt habe in traurigen und in freudigen Momenten wenn mit anderen Trauernden der Himmel für uns offen stand und wir uns gewiss waren: Ihr seid da. Ihr seid jetzt bei uns. Ihr geht mit uns mit.

Deine Spuren, mein Gott, finden. „Herr, als ich anfing dir nachzufolgen, da hast du mir versprochen auf allen Wegen bei mir zu sein. Aber jetzt entdecke ich, dass in den schwersten Zeiten meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist. Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am meisten brauchte?“ Da antwortete er: „Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie alleine lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten. Dort wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen.“

In allen Klagen und Vorwürfen möchte ich entdecken, wo und wann DU, mein Gott, mich durchgetragen und hinübergetragen hast, als ich nicht mehr weiter wusste, als mein Leben dunkel und sinnlos, und ich kraft- und freundlos war. Als ich DICH so dringend brauchte, warst DU doch da.

Deine Spuren finden. Du hast auch dein Kind verloren? Welche Wege bist du denn seither gegangen? Wie hast du die schlimmste aller Zeiten ausgehalten? Womit hast du dich getröstet? Was hat dir geholfen? Komm, sag’s mir bitte! Begleite mich ein Stück weit. Du kannst mich aushalten. Du kannst mich ein wenig halten und wärmen. Bei dir kann ich weinen und jammern. Immer wieder. Es gehört zu unseren Spuren.

Deine Spuren finden. Deine eignen Spuren wieder aufsuchen und finden, die du früher mal gegangen bist, bevor dir das Kind genommen wurde. Alles hat sich auf einen Schlag geändert. Nichts ist seitdem, wie es einst mal war. Auf welchen Wegen war ich früher unterwegs? An welchen Orten habe ich mich gerne aufgehalten, um mich zu freuen und mich zu stärken? Möchte ich da gerne wieder mal hin? Kann ich? Traue ich mich? Die Spuren und die Wege vor dem Verlust und Tod gehören zu meinem Leben wie meine Wege und Spuren danach. Ich möchte meine Spur wieder finden, meinem Leben wieder einen Sinn, eine Richtung und ein Ziel geben, wohin es sich für mich zu leben lohnt.

Du mein Kind, du mein Nächster, DU mein Gott, bitte hilf mir dabei. Amen.

-Pfarrer Staufert, Predigt, 10.12.2017, Evangelische Kirche Neckarsulm